Flo Zyklus-App im Test: Wie geeignet ist sie für die natürliche Verhütung aus Sicht einer NFP-Beraterin?
- Blutschwestern
- 27. Aug.
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Sept.


Hej, ich bin Majvi, NFP-Beraterin, Sexualpädagogin, Zyklusmentorin und damit Expertin für die Themen natürliche Zyklusgesundheit, Zykluskompetenz und hormonfreie Verhütung.. Immer wieder bekommen wir die Frage gestellt, was wir von Zyklus-App XY halten und welche wir empfehlen würden. Zwischen den einzelnen Apps und Tools gibt es große Unterschiede und darum habe ich für euch die wohl größte und bekannteste App - die Flo App - einmal gründlich unter die Lupe genommen und teile in diesem Artikel meine Erkenntnisse mit Euch!
Was sagt die Flo Zyklus-App eigentlich über sich?
Flo wirbt auf ihrer Website damit, “die weltweite Nummer 1 unter den Perioden - und Eisprungkalendern” zu sein mit über 200 Mio App-Downloads. Die Periode soll berechnet und (die nächste) Schwangerschaft geplant werden können. Die Aussagen wären präzise, die App medizinisch glaubwürdig und mit dem Datenschutz gehst Du mit Flo “auf Nummer sicher”.
Flo stellt einen Menstruationsrechner und einen Eisprungrechner bereit und möchte Dir außerdem helfen, Einblicke in Deinen allgemeinen Gesundheitszustand, Deinen Zyklus und Deine Fruchtbarkeit zu erlangen.
Bei dem Wort “Eisprungrechner” werden sich jetzt hoffentlich bei Euch wie bei uns kräftig die Fußnägel gekräuselt haben, denn so viel schonmal vorab: Ein Eisprung kann niemals nie vorhergesagt werden!
Das erste große Problem: Die Flo Zyklus-App macht Vorhersagen zum Eisprung. Upps.
Und da kommen wir schon zum ersten Problem, denn die Flo App gibt Dir Vorhersagen zu Deinem Eisprung. Und diese Vorhersagen treffen sie nicht aufgrund bestimmter Daten DEINES Zyklus (wie zum Beispiel Temperatur, Zervixschleim, Muttermund, etc), die sie dann mithilfe des Sensiplan Regelwerks auswerten, sondern aufgrund eines ALLGEMEINEN Mittelwerts.
Bedeutet: Einfache Mathematik ist am Werk. Und wenn wir das Thema Zyklus schon naturwissenschaftlich verorten wollen, dann doch besser in der Biologie…
Die Vorhersagen von Flo sind in etwa so:
“Hmmm, also die meisten Bücher schreiben, Frauen (und Menschen mit Zyklus) haben einen 28-Tage-Zyklus, also Du bestimmt auch, also muss der Eisprung in der Mitte liegen. Tag 14 hast Du Deinen Eisprung! Jippie!”
Ok ok, wir werden etwas polemisch, aber ihr seht das Problem. Natürlich individualisiert Flo das auch noch etwas anhand Deiner Daten, indem sie Deinen Zyklus andauernd beobachten, jedoch begehen sie dabei einen großen Fehler:
Der Eisprung kann NIEMALS vorausgesagt werden! Zu viele - und dabei auch noch höchst individuelle - Faktoren nehmen Einfluss auf den Eisprung. Dazu zählen zum Beispiel Stress, Krankheit, Deine Schlafqualität, die Einnahme von Medikamenten und noch vieles mehr. Wichtig zu wissen ist, dass all dies nur Variablen sind. Bei der einen Person haben sie einen Einfluss und bei der nächsten nicht. In dem einen Zyklus verschieben sie den Einfluss und in dem anderen wiederum nicht. Uns bleibt also im Grunde nichts anderes übrig, als den Zeitpunkt des Eisprung Zyklus für Zyklus neu zu ermitteln. Und mit Sicherheit geht das immer erst hinterher, also NACH dem Eisprung.
Du siehst also: den Eisprung vorherzusagen, birgt zum einen ein immenses Risiko für eine sichere Verhütung und ist darüber hinaus nicht möglich und höchst unseriös.

Was Stiftung Warentest positiv an der Flo Zyklus-App bewertet:
Auch wir predigen immer wieder: Um Deinen Zyklus kennenzulernen, musst Du ihn detailliert beobachten und Deine Beobachtungen auch bestenfalls festhalten (vor allem, wenn bestimmte Muster, die über verschiedene Zyklen gleich sind, identifizieren möchtest). Hierfür gibt Flo Dir verschiedene Tracking Features an die Hand. Du beobachtest unter anderem:
Dein Sexualverhalten
Deine Libido
Deine Stimmung
verschiedene Symptome Deines Zyklus
Kleiner Hinweis: Was Flo Dir nicht abnimmt, ist Deine Eintragungen selbst zu vergleichen, um Muster zu erkennen. Den Aufwand musst Du selbst betreiben. Flo ist quasi nur die Sammelstelle.
Zweiter Pluspunkt: die einfache Bedienoberfläche. Das Design ist cool und ansprechend und die App ist intuitiv leicht zu bedienen. Das macht den Zugang zur Zyklusbeobachtung natürlich sehr niedrigschwellig. Darüber hinaus hat man sein Handy in der Regel immer bei sich und kann so auch zwischendurch und unterwegs Eintragungen vornehmen.
Was außerdem auch eine gute Hilfe bietet, sind die zusätzlichen Infos und Erklärungen zum Zyklus. Auf diese Weise kannst Du mithilfe der Flo App Dein Zykluswissen verbessern.
Theoretisch… Denn hier gibt es zwei Abers:
zum Einen sind diese Infos nur kostenpflichtig zu erhalten
und zweitens habe ich nicht jeden Blogartikel von Flo gelesen und kann darum keine Aussage machen über die Richtigkeit und Tiefe der Informationen von Flo.
Das nächste große Problem der Flo Zyklus-App: Die Datensicherheit
Kommen wir neben dem schon genannten (riiiiiesengroßen) Contra (was eigentlich

schon alleine für sich ein absolutes Ausschlusskriterium sein sollte, wenn man Flo für die natürliche Familienplanung nutzen möchte) zu weiteren Minuspunkten und damit auch zu der Erklärung, warum Stiftung Warentest die App nur mit 5,5 also mangelhaft (!) bewertet.
Flo wird aufgrund seines mangelnden Datenschutzes kritisiert - und das nicht erst seit gestern.
Genauer gesagt, bereits seit 2019, denn da hagelte es erstmals Kritik und auch Klagen.
Flo hat nämlich sensible Daten mit Facebook und Google geteilt (trotz ausdrücklicher Datenschutzbehauptungen). Sensible Daten heißt: DEINE Daten. Und Flo will ja auch durchaus schon viel zu deinem Sexleben und Masturbationsgewohnheiten von Dir wissen…
Flo hat reagiert und Veränderungen vorgenommen, das Problem im Kern aber nicht verbessert. Wenn Du Dir nämlich jetzt die App runterlädst, dann musst Du zuerst zustimmen, dass Deine personenbezogenen Daten verarbeitet werden dürfen. Dort steht:
„Mit Ihrer Einwilligung können wir Ihre personenbezogenen Daten, die nicht Ihre Gesundheit betreffen, zu Werbezwecken an AppsFlyer weitergeben […], die Ihre personenbezogenen Daten gemäß unseren Anweisungen handhab(en).”
Dort ist dann zwar relativ gut aufgelistet, wie genau Deine Daten verwendet werden dürfen und welche das sind. Das erweckt erstmal Vertrauen. Weiter unten steht dann jedoch:
"Gleichzeitig sendet die Plattform AppsFlyer Ihre personenbezogenen Daten an einige ihrer integrierten Partner (z.B. Pinterest, Google Ads, Apple Search Ads, Meta Audience u.a.)..."
Safe space ist dann doch irgendwie anders…
Tipp von uns: Der anonyme Modus
Solltest Du Flo dennoch gerne nutzen möchten, gibt es die Möglichkeit, eines anonymen Modus. Hier gibst Du weder Deinen Namen noch eine E-mail-Adresse preis und Deine eingegebenen Daten können nicht mehr mit Dir als Person in Verbindung gebracht werden. Man merkt hier auf alle Fälle, dass Flo sich bemüht, einen Umgang zu finden mit der (zurecht formulierten) Kritik am Umgang mit Datensicherheit. Das muss auf alle Fälle lobend hervorgehoben werden.
Fazit zur Flo Zyklus-App aus Sicht einer NFP-Beraterin
Zugegeben: Die Flo App sieht klasse aus und ist toll und einfach zu bedienen. Allerdings gibt es eben zwei wirklich große Kritikpunkte, weswegen wir Dir nur in einem stark eingeschränkten Rahmen empfehlen können, die Flo App zu nutzen.
Punkt 1: Flo basiert auf der Kalendermethode, allerdings ohne das wirklich deutlich zu kennzeichnen. Die Kalendermethode hat einen Pearl Index von 9 (also von 100 Anwender*innen werden 9 ungeplant schwanger), was wirklich nicht prima ist (zum Vergleich: NFP mit Sensiplan hat eine Methodensicherheit von 0,4). Wie Flo auswertet, machen sie nicht sehr kenntlich. Stattdessen schmücken sie sich mit Prädikaten wie “medizinisch glaubwürdig” und “evidenzbasiert” oder “präzise”. Auch wenn Flo nicht deutlich formuliert, zu Verhütungszwecken genutzt werden zu können, so grenzen sie sich eben auch nicht klar ab. Schlimmer noch: Durch vermeintlich Vertrauen erweckende “Rechner” zur Vorhersage von Eisprung oder Menstruation entsteht bei den Anwender*innen fälschlicherweise der Eindruck, voll und ganz sicher und gut betreut zu sein. Auch die Aussage von Flo, dass die Anwender*innen ihre Körper und Zyklen kennenlernen würden, können wir nur bedingt bestätigen. Ja, der Zyklus wird intensiver beobachtet. Was aber ausbleibt, ist die Ebene des Warums. Der Flo Algorithmus trifft stattdessen recht generische Aussagen, wo im Zyklus die jeweilige Person gerade ist, ohne aber deutlich zu machen, wie die App zu dieser Erkenntnis kommt oder dass sie sich eben eher auf einen allgemeinen Mittelwert stützt als auf die individuellen Daten.
Und genau das, ist doch total fatal: Oberflächlich gewinnst Du als App-Nutzer*in den Eindruck, DEINEN Zyklus nun besser zu kennen und in Wahrheit gibst Du Verantwortung ab.

Hinzu kommt die einfach absolut und unumstößlich falsche Aussage, dass Eisprünge vorhergesagt werden können. Das ist einfach nur absolut unseriös.
Flo möchte Dich nämlich bestenfalls dabei unterstützen, Deine fruchtbaren Tage zu erkennen und Dich so im Kinderwunsch zu begleiten. Nun stell Dir aber vor, Dein Eisprung ist eben NICHT um den 14. Zyklustag - was nebenbei gesagt, sehr wahrscheinlich ist. Denn Zyklusschwankungen sind das eigentliche Normal. Nur 10-15% aller Menstruierenden haben einen 28-Tage-Zyklus und bei sage und schreibe 58% schwankt die Zykluslänge um 8 Tage oder mehr. Zyklusschwankungen hängen in der Regel mit einem veränderten Zeitpunkt des Eisprungs zusammen. Die Zeit nach dem Eisprung (Lutealphase) ist weniger anfällig für Schwankungen und damit in ihrer Länge recht stabil. Solltest Du Dich also im Kiwu befinden und Dich auf den “Eisprungrechner” verlassen, ist damit die Wahrscheinlichkeit groß, dass Du Dein fruchtbares Fenster verpasst. Ganz einfach, weil Flo sich verrechnet hat. Frust und Unsicherheit sind die Folge. Und das muss echt nicht sein.
Zu Punkt 2: Die Flo App zeigt deutlich, dass sie sich mit der Kritik an ihrem Umgang mit Datensicherheit auseinandersetzen. Dennoch bleibt aktuell einfach - zumindest bei uns - noch ein etwas fader Beigeschmack. Zu groß ist die Verantwortung die sie für diese so unfassbar sensiblen Daten tragen. Das Vertrauen wurde einfach in der Vergangenheit etwas ausgenutzt und hier muss die Zukunft zeigen, ob sie dieses Vertrauen wieder aufbauen können, bzw sich ihrer Verantwortung wirklich bewusst geworden sind.

Darüber hinaus erhebt Flo einfach wirklich viele Daten, die teilweise auch einfach nicht so direkt mit dem Zyklus zusammenhängen. Wie z.B. Deine Fitnessziele, inkl. aktuellem Gewicht und sehr vielen (wirklich sehr vielen) Detailfragen zu Deinem Sexleben. Wofür Flo diese Dinge wissen möchte, ist uns nicht ganz klar.
Empfehlung für die Flo Zyklus-App mit großer Einschränkung + unsere Alternative
Wie wichtig Dir das Thema Datenschutz ist, entscheidest letzten Endes Du.
Solltest Du Flo nutzen wollen, um damit Deine unfruchtbaren und fruchtbaren Fenster im Zyklus zu identifizieren, raten wir Dir ganz dringend von der Nutzung der App ab. Wenn Du einfach einen einfachen Ort suchst, an dem Du Informationen zu Deinem Zyklus eintragen kannst, um ihn zu beobachten, dann ist die Flo App voll ok. Also Zyklusbeobachtung ja, Verhütung und Kinderwunsch, klares nein.
Wenn Du Deinen Zyklus allerdings wirklich kennenlernen UND lesen und verstehen lernen möchtest, gibt es eindeutig bessere Alternativen, die ebenfalls kein Hexenwerk sind und sich dabei auf evidenzbasierte Biologie und wissenschaftliche Erkenntnisse stützen.
Als NFP-Beraterin empfehle ich Dir ganz klar, mithilfe einer zertifizierten Beraterin wie mir eine sichere Methode der natürlichen Familienplanung zu erlernen wie etwa NFP mit Sensiplan®. Hier gibst Du weder sensible Daten noch Eigenverantwortung aus der Hand und ermittelst Deine fruchtbaren/unfruchtbaren Fenster im Zyklus anhand des jeweiligen Zyklus. Anhand DEINES Zyklus.
Wie das gehen soll? Das zeige ich Dir in meinen regelmäßig stattfindenden NFP-Einführungskursen. Lerne alleine, als Paar oder in der Gruppe das Sensiplan®-Regelwerk kennen und sicher anwenden, um Deinen Zyklus genauestens zu beobachten, hochsicher und hormonfrei zu verhüten oder Deinen Kinderwunsch gezielt zu unterstützen.
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